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Text: Dr. Jürgen Holtkamp

 

Dr. Jürgen Holtkamp war von 2005 bis 2012 Leiter der Fachstelle Kommunikation im Bistum Münster. Ab 1. Januar 2013 ist er Leiter der Abteilung Beratung, Erziehung und Familie im Caritasverband des Bistums Essen. Er hat eine mehrere Bücher zu den Themen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit geschrieben. Im Frühjahr 2013 erscheint das katholische Medienhandbuch, das er mit initiierte.



 
   

 

 

 

„Herr Dr. Holtkamp, wie funktioniert Social Media im Bistum Münster und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?“

Social Media ist keine Modeerscheinung

Social Media ist nun (endlich) in der katholischen Kirche angekommen. Schon seit mehreren Jahren weisen die Medienexperten und Öffentlichkeitsarbeiter in den Erz-Bistümern, Verbänden und Orden auf die Bedeutung des Internet und damit der sozialen Netzwerke für die Kommunikationsarbeit hin. Dass Social Media für die Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Kirche Chancen bietet, ist mittlerweile unbestritten. Das zeigt sich schon daran, dass seit November 2012 der Papst twittert. Bedenkt man, dass der Nachrichtendienst Twitter bereits im März 2006 gegründet wurde, zeigt sich darin die große Ungleichzeitigkeit zwischen der Einführung solcher Technologien und der Nutzung dieser in der katholischen Kirche. Die Kommunikationsabteilungen in den Erz-Bistümern wären schon seit Jahren gerne bei Facebook, Twitter und Co. Dass es mitunter Jahre braucht, bis diese Kommunikationsformen aktiv genutzt und eingesetzt werden können, hat seine Gründe, die hier nur angedeutet werden können.

Social Media hinterfragt existentiell die bisherige Kommunikationsarbeit der katholischen Kirche und stellt sie vor ganz neue Herausforderungen.

Die Vorteile von Social Media für die Öffentlichkeitsarbeit sind offensichtlich:

  • Social Media ist effektiver als Werbung in klassischen Medien, weil ein direktes Feedback der Gläubigen möglich ist.

  • Social Media ist kostengünstiger als herkömmliche Formen der Öffentlichkeitsarbeit.

  • Social Media ist besser messbar. Die Reichweite der Kommunikation kann ziemlich genau gemessen werden.

  • Suchmaschinen wie Google, Bing und Co. geben Social Media Inhalten eine immer größere Gewichtung, ein höheres Ranking.

  • Social Media macht weniger abhängig von Journalisten oder Agenturen. Das Erz-Bistum kann selbst zur eigenen Kommunikationszentrale werden.

  • Social Media bietet eine perfekte Werbeumgebung, da nun Anzeigen zielgruppenspezifisch geschaltet werden können. Anders als bei einem typischen Werbespot oder einer Anzeige in Zeitungen muss man davon ausgehen, dass es große Streuverluste gibt. Mit Social Media lassen sich Kampagnen grundsätzlich zielgenauer steuern.

  • Mit Hilfe von Social Media Strategien und –Kampagnen können intensive Kundenbeziehungen aufgebaut und verstärkt werden.

Wohl setzt Social Media ein anderes Kommunikationsverständnis voraus. Alle Social Media Kanäle sind grundsätzlich dialogisch aufgebaut, ermöglichen ein direktes Feedback der Kunden und Gläubigen. Die dialogische Internetkultur stellt die katholische Kirche vor eine völlig neue Herausforderung. Entscheidungen müssen nun viel genauer erklärt und begründet werden. Dazu braucht es eine interne Kommunikationskultur. Zu kurz gesprungen wäre es, Social Media Redakteure einzustellen, ohne sich vorher der eigenen Kommunikationskultur zu stellen. Als ein Beispiel möchte ich auf den Diözesanpastoralplan für das Bistum Münster hinweisen.

„Der Plan beschreibt die Situation der Kirche im Bistum Münster, deutet sie im Licht des Evangeliums und benennt Vereinbarungen, die in den nächsten fünf Jahren mit Blick auf die Pastoral in unserem Bistum die Haltung prägen und das Handeln leiten sollen.“ Der Diözesanpastoralplan wird durch den Bischof in Kraft gesetzt. Für das Bischöfliche Generalvikariat wird ein Leitbild entwickelt, das vermutlich im ersten Quartal 2013 in Kraft gesetzt wird. Darin werden Ziele und Kommunikationsvereinbarungen festgelegt. Beides sind wichtige Voraussetzung, um eine Social Media Strategie entwickeln zu können.

Um erfolgreich Social Media betreiben zu können, sollte man die folgenden Fragen mit Ja beantworten können:

  • Herrscht bei Ihnen eine partizipative und dialogorientierte Unternehmenskultur?

  • Können Sie personelle, zeitliche oder finanzielle Ressourcen für soziale Netzwerke zur Verfügung stellen?

  • Wie erfolgt Ihr „Kundenservice“ bisher und wie werden Sie und Ihre Mitarbeiter mit dem Feedback der Kunden umgehen?

  • Ist die Einrichtung bereit für die nötigen Veränderungen?

Mit Hilfe dieser Vorgaben und Vereinbarungen kann ein Social Media Konzept entwickelt werden. Die beiden oben genannten Dokumente aus dem Bistum Münster geben hier wichtige Hinweise für die Entwicklung eines Social Media Konzeptes.

Denn Social Media Marketing muss sehr gut durchdacht sein, darf nicht durch blinden Aktionismus geprägt werden, nach dem Motto jetzt „twittern“ wir auch. Notwendig ist eine genaue Zielgruppenanalyse und ein Redaktionsplan, sowie ein Guide (vgl. die Media Guidelines der DBK), der das Verhalten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Communitys regelt.

Der wichtigste Social Media Grundsatz lautet, ehrlich und aufrichtig mit den Zielgruppen kommunizieren. Unabdingbar für den Erfolg des Einsatzes von Social Media ist ein transparentes und dialogisches Kommunikationsverhalten.

Und es gibt einige Grundregeln:

Social Media ist kein klassisches Marketinginstrument: Das Internet wurde nicht als Marketinginstrument entwickelt, sondern für die Kommunikation zwischen Menschen. Gleiches gilt natürlich auch für Soziale Netzwerke. Daher kann man nur raten, immer auch in die andere Perspektive zu wechseln, nämlich die Userperspektive einzunehmen.

Aktiv zuhören: Man kann diesen Satz nicht oft genug sagen. Zu allererst zuhören, was die Nutzer denken und was sie sagen. Wer zuhört findet die Themen, die die Zielgruppen interessieren.

Zuerst denken, dann handeln: Social Media ist schnell und der Schneeballeffekt macht sein Übriges, d. h. die Informationen werden von Person zu Person weitergeben. Deshalb ist es wichtig, überlegt und professionell zu handeln.

Es geht immer um den Mehrwert des Users: Der einzelne User steht im Mittelpunkt, was ihm weiterhilft, das macht ihn glücklich und zufrieden. Sie sind die besten Multiplikatoren der Nachrichten.

Schnell und relevant sein: Schnelligkeit und Relevanz sind zwei wesentliche Schlagwörter für erfolgreiches Social Marketing. Das Internet ist ein schnelles Medium und die Benutzer erwarten eine schnelle und zeitnahe Reaktion.

Die User sind die Stars: Den Besuchern eine Plattform bieten, sich selbst darstellen zu können, eigene Fotos oder Videos, eigene Kontakte oder Kommentare zu schreiben. Viele sehnen sich nach etwas Öffentlichkeit und machen daher gerne bei solchen Angeboten mit.

Wer meint, Social Media sei nur eine Modeerscheinung, der irrt sich gewaltig. Es ist eine Revolution, die das Kommunikationsverhalten der Menschen schon verändert hat.

 

 

nach obeN

     
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