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Text: Matthias Jung  

Matthias Jung; aufgewachsen in Wetzlar, 25 Jahre Gemeinde­pfarrer am Niederrhein, seit 2016 Landes­sozialpfarrer der hannoverschen Landeskirche und Fachbereichsleiter Kirche. Wirtschaft. Arbeitswelt im Haus kirchlicher Dienste.

Anfang des Jahrtausends zu­nächst Studium Erziehungs­wissen­schaften und Sozial­psychologie an der Fernuni­versität Hagen, dann sozial­ethische Promotion bei Trau­gott Jähni­chen über den „Entgrenzung und Begrenzung von Arbeit“ (LIT-Verlag) und anschließend Autor des Buchs: „Zeitsprung Gemeinde 2030: Erzählung aus der Zukunft der Kirche“ (Garamond)

Im Netz neugierig seit 1998. Derzeitige Vorlieben: Insta­gram, Twitter, Blog.

Wohnt seit kurzem mit seiner Frau in einem Gemeinschafts­wohnprojekt in Hannover und fährt viel und gerne mit dem Rad.

 
   
 

 

 

 

„Wie nutzen Sie Storytelling effektiv in der Kirche?“

Kirchentag in Berlin, Messegelände. Halle 20, Samstagmorgen. Die Bibelarbeit fällt aus, ich sitze hier in der noch menschenleeren Halle und warte auf Nadia Bolz-Weber. Zum ersten Mal seit zwei Wochen habe ich Zeit, meine Gedanken zum Storytelling in der Kirche zu sortieren – denn als mich die Anfrage erreichte, standen wir kurz vor unserem Umzug nach Hannover.

Jede Geschichte hat einen Rahmen. Es ist wie im Theater: Sie ken­nen den Titel des Stücks, sitzen erwartungsvoll auf Ihrem Platz, sehen das noch menschenleere Bühnenbild. Ich betrete die Bühne und erzähle Ihnen eine Geschichte. In der Hoffnung, dass meine Worte etwas in Ihnen auslösen: Ermutigung oder Widerspruch, Zustimmung, Provo­ka­tion. Oder auch nur Ihre Neugier wecken – das war meine Absicht, als ich Ihnen von Nadia Bolz-Weber erzählte. In der Hoffnung, dass Sie weiterlesen. 

Storytelling verbindet Persönliches mit Themen. Ich als Erzählender bin nicht zu trennen von der Geschichte. Ich muss dabei nicht direkt „vorkommen“, aber eine erzählte Story ist immer an der ein oder ande­ren Stelle transparent. (Nur in Klammern: Persönlich ist dabei nicht mit privat gleichzusetzen.) Anders ist Storytelling für mich nicht denkbar. Von mir wissen Sie schon, dass ich Pastor bin. Das schwingt nun bei Ihnen beim Lesen mit. (Es sei denn, Sie haben die Info-Box links noch nicht gelesen.) 

In Beziehung sind wir, wenn durch meine Worte bei Ihnen etwas ausgelöst wird und wir uns über eine Geschichte im Geist verbinden. Durchaus auch dann, wenn Sie mir widersprechen oder sich gar ärgern über den Unsinn, den ich in Ihren Augen hier von mir gebe. Es geht mir beim Storytelling weniger darum, „über“ etwas zu schreiben, sondern in Beziehung zu treten. Menschen sind auf der Suche nach Fragen und Antworten und sie lieben Geschichten, weil diese sie berühren – wenn der Funke überspringt.

Es gibt verschiedene Formen von Storytelling, die ich nutze. Eine kleine Auswahl:

In der Predigt. Jesus hat es brillant verstanden, Geschichten so zu erzählen, dass er Menschen berührte. Und das können wir auch heute, wenn wir biblische Geschichten so erzählen, dass sie sich mit gegen­wärtigen Geschichten verflechten. Und die Predigten kommen hinterher ins Netz und können weiterwirken.

Ein wunderbares Medium ist Pageflow: Bilder und Worte, Töne und Filme verbinden sich zu einer Geschichte – z.B. von einer der letzten Grubenfahrten, die wir in Ibbenbüren Anfang 2016 machen konnten.

Oder ich nutze den Hashtag #waskdapfarrersomachen. Wer ihn auf­ruft oder auf eine Twitterwall wirft, bekommt einen Endruck über die Vielfalt meiner Tätigkeit, weil ich immer wieder von Orten der Arbeit Tweets sende.

Mit Instagram kann ich einen ganzen Bilderteppich legen. Die Story entwickelt sich dann erst mit der Zeit. Aber auch ein einzelnes Bild kann für meine Abonnent/-innen eine Geschichte erzählen. Zum Beispiel kann ich nachher während des Vortrags ein Foto ins Netz stellen und zeigen: Ich höre gerade Nadia Bolz-Weber zu. Das ist eine ganze Geschichte.

Auch im Alltag erzähle ich gerne Geschichten. Ein Klassiker: 2015, in der stürmischen Phase von „Wir schaffen das“ sitze ich mit einigen Poli­tiker/-innen zusammen. Sie äußern sich kritisch über die Geflüchteten, denn „die haben doch alle ein teures Smartphone“. Ich antworte mit dem Christen aus dem Irak, der mir zeigte, was er alles auf seinem Smartphone hat: Geburts- und Taufurkunde, Zeugnisse – und viele Bilderalben aus der eigenen Biografie.

Storytelling ist mir als Pastor mittlerweile selbstverständlich gewor­den. Ich habe es in den letzten zehn Jahren gerade in der ständigen – auch theologischen – Reflexion von Social Media entwickelt. Wichtig ist, dass ich die Formen und/oder Tools nutze, die zu mir passen. Dann, so meine Hoffnung, nehmen mir Menschen die Geschichten ab und es er­öff­net sich eine Beziehung, face-to-face oder digital vermittelt und das Thema beginnt zu wirken. Ob das dann effektiv ist? Da gilt immer noch: „Der Geist weht, wo er will“ (Joh 3,8).

 

 

 

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