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Text: Dr. Helmut Jansen
 

Dr. Helmut Jansen arbeitet seit 1998 im Erzbistum Berlin als Pastoralreferent. Er konzipierte und leitete die Jugendkirche "sam" Berlin von 2004-2012. Nebenher wirkte er als Lehrbeauftragter in den Bereichen theologische Anthropologie, Ethik und Religionspädagogik. Seit 2012 ist er als Geistlicher Leiter im Vorstand des BDKJ-Diözesanverbands Berlin und in der Gemeindeberatung tätig. Mit seiner Dissertation ("Wenn Freiheit wirklich wird", 2007) regt er zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Erlebnispädagogik in der Jugendpastoral an und plädiert für eine dezidiert selbstbestimmte Ausrichtung der kirchlichen Jugendarbeit. Er entwickelte mehrere medienpädagogische Projekte wie das LEGO-Bibel-Projekt und KENOSIS.


 
   
 

 

 

 

„Herr Jansen, Sie sind Geistlicher Leiter des BDKJ-Diözesanverbands in Berlin und leiten u.a. das Project Pitch, in dessen Rahmen ein neuer Image-Film entstanden ist. Was ist eigentlich das Project Pitch und wie wichtig sind Ihrer Meinung nach die neuen Medien, v.a. YouTube, für Kirche und Gemeinden? Und was ist die Intention des neuen Image-Films?“

Meine These lautet: Die neue Realität liegt im Virtuellen. Was Jugendliche (und natürlich auch Erwachsene) im Netz posten, hat scheinbar größere Relevanz als das Alltags-Erleben. Denn über das Netz sind sie präsent. Dort bekommen Menschen sofortige und direkte Bestätigung durch andere. Egal ob schwerwiegende Entscheidungen oder alltägliche Belanglosigkeit – das wirkliche Leben hat sich ins Netz verlagert und erhält dort auch seine Legitimation.

Diese Vermutung verfestigte sich bereits 2009 bei unserem ersten Medien-Projekt, der "LEGO-Bibel". Bei diesem Projekt besuchten wir Schulklassen, die innerhalb von ein bis zwei Schulstunden einen kurzen LEGO-Clip zu einer Bibelstelle produzierten. Die Präsentation des Films im Klassenzimmer war zwar wichtig für die persönliche Ergebnissicherung ("Wow, das habe ich gemacht?!"), doch der Hinweis, dass das Video bei YouTube hochgeladen werde, erzeugte Stolz und ein erhebliches Gefühl von Mehrwert bei den Kindern und Jugendlichen. Und: Die Online-Veröffentlichung erzeugte einen Kommunikationsbedarf über das Klassenzimmer hinaus – nicht nur weil das erstellte Video als gegenständliche Kommunikationshilfe diente, sondern weil die Beteiligten mithilfe des Clips die Bühne des öffentlichen Raumes betraten.

Wenn sich bestätigen sollte, dass die neue Realität im Virtuellen auszumachen ist, hätte das natürlich Konsequenzen für Kirche und Gemeinde.  YouTube und Co. müssten als unabdingbare Sprachrohre und Seismographen der pastoralen Praxis verstanden werden. Ohne diese würde sich Kirche – überspitzt  gesagt – für Teile der Gesellschaft privatisieren, disqualifizieren und delegitimieren. Andererseits bleibt "realiter" das Virtuelle das Virtuelle und ein Dienst am Nächsten kann sich nur rudimentär ins Netz verlagern. Damit sei kein Spagat, zumindest aber ein Stand- und ein Spielbein skizziert.

Wie dieses Spielbein aussehen könnte, das sollte sich Kirche primär von den "digital-nativen" Jugendlichen selbst sagen lassen. Dazu haben wir mithilfe des Bonifatiuswerks den sog. "Project Pitch" initiiert: Hier entwickeln Jugendliche selbstbestimmt Formen und Projekte, wie Glaube innovativ gestaltet und öffentlich kommuniziert werden kann. Und sie bekommen dafür temporär eine personelle wie finanzielle Unterstützung. Möglich wurde die Initiative durch eine unorthodoxe Wette mit den Hauptberuflichen der Jugendpastoral im Erzbistum Berlin: "Ich wette, dass sich keine 20 Personen finden, die sich zeitlich befristet für die Begleitung eines Glaubensprojekts Jugendlicher zur Verfügung stellen – unabhängig ihres derzeitigen Einsatzortes."  Die Wette wurde - wie intendiert - von mir verloren, und so konnte der Wetteinsatz über 20.000 € als Startkapital direkt in die Jugendprojekte fließen.

Neben SMS-Adventskalender, Glaubens-App und spirituellem Caféhaus-Führer findet sich unter anderem auch eine Projektgruppe, die derzeit den Image-Film "Junge Kirche in Berlin" produziert. Über Online-Plattformen vernetzt wollen die Jugendlichen das junge Gesicht einer lebendigen Kirche als 3:30-Minuten-Clip präsentieren. An verschiedenen Drehorten zeigen sie mit schnellen Cuts, was sie an Kirche und Glauben fasziniert. Bis zum Sommer 2015 soll der Film “im Kasten” sein und seine Verbreitung über YouTube, Facebook und Co. finden.

Jugendliche, die sich wie Scouts auf die neuen Online-Pfade wagen, treffen hier auf Menschen, die sie sonst kaum noch erreichen würden. Die Kirche tut gut daran, jugendliches Engagement in diesem Bereich zu fördern, um selbst kommunikationsfähig und vor allem anschlussfähig zu bleiben. Das Spielbein der kommunikativen Virtuosität steht dabei dem Standbein von Gottes Selbstoffenbarung nicht im Weg. Vielmehr unterstützt es bei dem kirchlichen Grundanliegen, dem Menschen nahe und zugewandt zu sein.

 

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