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Text: Dietlind Steinhöfel

 

Dietlind Steinhöfel, geboren 1950, ist seit 1978 in der evangelischen Publizistik. 1990 gründete sie die evangelische Kinderzeitschrift "Benjamin", deren Chefredakteurin sie bis 2001 war. Danach arbeitete sie einige Jahre in der Öffentlichkeitsarbeit, u.a. beim EKD-Projekt "Brückenbauen". Dietlind Steinhöfel ist Chefredakteurin der evangelischen Wochenzeitung "Glaube + Heimat". www.glaube-und-heimat.de



 
   

 

 

 

„Frau Steinhöfel, Sie sind Chefredakteurin der evangelischen Wochenzeitung ,Glaube + Heimat'. Wie sieht Ihre Leserschaft aus? Worin sehen Sie Unterschiede zu katholischen Glaubensmagazinen? Was kann – in Hinblick auf Kirche - eine gedruckte Zeitschrift, was ein Blog oder ein digitaler Newsfeed nicht kann? Und wie lange glauben Sie, werden Printmagazine noch überleben?“

Der alltägliche Dialog in der Kirchenzeitung

Das Wort ist die Grundlage der Verkündigung der Kirche. Das gedruckte Wort ist seit der Reformation und der Erfindung der beweglichen Lettern im Buchdruck ein Kommunikationsinstrument mit jedermann. Ohne dieses Instrument und eine Sprache, die das Volk versteht, hätte Martin Luther seine Gedanken nicht verbreiten können. Sie wären eine Diskussion unter Gelehrten geblieben.

Bis heute hat das gedruckte Wort in den Kirchen große Bedeutung, nicht nur in Form der Bibel oder anderer Bücher. Sondern gerade in den Printmedien als Mittel zum alltäglichen Dialog, zur Information und zur Glaubensstärkung. Vom Gemeindenbrief über Glaubensmagazine bis zu den Kirchenzeitungen der einzelnen Landeskirchen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) reicht die Printpublizistik.

Schon in den 1990er Jahren wurde innerhalb der evangelischen Publizistik über "Markt und Mandat" und über ein Gesamtkonzept diskutiert. Die neuen Medien forderten dies heraus. Und das ist gut so. Denn jede Herausforderung birgt auch die Chance der Weiterentwicklung.

Als evangelische Wochenzeitung mit einer 90-jährigen Tradition, sind wir als Kirchenzeitung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Landeskirche Anhalts bestrebt, das Mandat anzunehmen: Information über kirchliches Geschehen, Positionsbestimmung, Kirchenpolitik und das Verhältnis zur Gesellschaft, aber auch die Ereignisse vor Ort – mit Freuden und Konflikten – abzubilden. Das ist die Aufgabe einer Zeitung; eine kirchliche hat zudem den Auftrag, die Diskussion über Werte und über den Glauben anzuregen.

Unsere Leserinnen und Leser sind vorwiegend kirchlich sehr engagierte Menschen: neben Pfarrerinnen und Pfarrern vor allem Ehrenamtliche. Die Zeiten, da "Glaube + Heimat" in eine christliche Familie gehörte und von allen gelesen wurde, gehören inzwischen der Vergangenheit an. Es gibt eine sehr treue Leserschaft, die schon Jahrzehnte unsere Zeitung bezieht, mitunter aus einer Familientradition heraus. Wir merken jedoch, dass diese Tradition wegbricht. Die Säkularisierung und das große Angebot sind hier eine der Ursachen, aber auch die loser werdende Bindung zur Kirche und zu Zeitungsabonnements. Auf der anderen Seite arbeiten Religionslehrer mit unserem Blatt, setzen es im Unterricht ein, sodass zumindest punktuell auch mal junge Menschen die Kirchenzeitung in der Hand haben. Zudem beziehen sie Theologiestudenten und jüngere Theologen im Pfarramt. Die Leserschaft ist demzufolge christlich sozialisiert, durchaus gemischt, jedoch der Anteil älterer Menschen (über 50 Jahre) sehr hoch. Das hat auch damit zu tun, dass sich vor allem ältere Menschen wieder mehr den Sinn- und Glaubensfragen zuwenden. Jüngere wollen ihre Zukunft gestalten und nicht über "letzte Dinge" nachdenken, es sei denn, sie kommen in Krisensituationen.

Das katholische Gegenstück

Katholische Kirchenzeitungen, und da denke ich an unser Pendant, den "Tag des Herrn", sind ähnlich angelegt. Weder sie noch evangelische Kirchenzeitungen sind "Glaubensmagazine", sondern Wochenzeitungen mit einem bestimmten, einem konfessionellen Profil. Sie geben aktuelle Nachrichten aus dem kirchlichen Leben weiter, recherchieren Hintergründe, kommentieren Ereignisse aus Kirche und Gesellschaft usw. Sie sind auch ein Bindeglied zwischen Innerkirchlichkeit und der Verantwortung von Christen in der Gesellschaft.

Moderne Medien

Bei der Einschätzung des Nebeneinanders von digitalen und Printmedien gehen die Meinungen in der Medienwelt auseinander. Blogs und die sogenannten sozialen Netzwerke oder digitale Nachrichten sind eine gute Ergänzung. Doch Grenzen sehe ich zum Beispiel in der Schnelllebigkeit. Die Nachrichten gehen noch schneller aus dem Blickfeld als bei einer Fernsehnachricht. Zum anderen sind Einträge in Blogs und Foren qualitativ äußerst unterschiedlich. Vieles, was ins Netz gestellt wird, hält einer faktischen Tiefenprüfung nicht stand, ganz abgesehen von einer Sprachverlotterung. Auf der anderen Seite stellen natürlich seriöse Medien gute Hintergrundinformationen und Artikel auch digital ins Netz. Das ist sehr hilfreich. Auch Kirchenzeitungsredaktionen nutzen Newsfeeds, Online-Lexika – ohne Frage. Und selbstverständlich betreiben alle eine Website und sind zum Teil in sozialen Netzwerken unterwegs – mehr oder weniger aktiv.

Wie lange es kirchliche Printmedien noch geben wird? Ich bin keine Prophetin, aber ich rechne sehr stark damit, dass sie solange bestehen, wie es auch die Kirche gibt. Einen Vorteil von gedruckten Zeitungen sehe ich vor allem in Folgendem: Sie entschleunigen den Alltag. Themenkomplexe können zudem kompakter und fasslicher dargestellt werden. Das gedruckte Wort, das ich abheften und aufheben kann; Papier, das ich in der Hand halte – das hat ja doch auch etwas Sinnliches. Und das wird der Mensch nicht ganz missen wollen.

Sicher wird sich das Verhältnis verschieben und sich die Printlandschaft verändern, die Erwartungen der Leserschaft ebenso. Dem müssen wir Journalisten uns stellen. So ist schon lange die Vernetzung der kirchlichen Redaktionen für uns selbstverständlich. Es entstehen Kooperationen, wie die zwischen "Glaube + Heimat" und dem sächsischen Blatt "Der Sonntag".

Die Erfahrung zeigt, dass Pessimismus nicht angebracht ist: Mit dem Fernsehen sind weder Kino noch gedruckte Bücher ausgestorben. Wenn man den Bücherbestand von einem normalen Haushalt von vor 100 Jahren anschaut und heute, gibt es doch einen großen Unterschied. In der Regel haben Familien des 21. Jahrhunderts mehr Bücher stehen als die Urgroßelterngeneration. Zudem lernen Kinder durch christliche Kinderzeitschriften schon sehr früh, sich auch dem gedruckten Wort zuzuwenden. Mir ist nicht bange, dass die Kirchenzeitungen aussterben. Wir nehmen die digitale Welt als Konkurrenz wahr. Und die belebt bekanntermaßen das Geschäft.

 

nach obeN

     
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