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Text: Ferdinand Kaineder  

Ferdinand Kaineder, geboren 1939 in Wien, hat Philosophie, katholische Theologie und Religionssoziologie in Innsbruck, Wien, Konstanz und München studiert. 1964 wurde er zum Priester geweiht und arbeitete danach als Kaplan und als Wissenschaftler. 1973 ging er an die Universität Bamberg, von 1974 bis 1984 war er Universitätsprofessor in Passau, danach an der Universität Wien. Sein Spezialgebiet ist die Religions- und Werteforschung, worin er zahlreiche Projekte und Studien im In- und Ausland durchführte. Paul M. Zulehner wurde mit den Kunschak-, Renner-, Innitzerpreisen ausgezeichnet. Neben seinem engeren Fachgebiet hat er u. a. zum Thema Jugendwerte, Männerforschung, zur Sinnfrage in der Gesellschaft und zur Kirchensteuer publiziert. Von 2000 bis 2007 war er Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Zulehner ist seit Oktober 2008 emeritiert, aber weiterhin in der Wissenschaft aktiv tätig.

 
   

 

 

 

„Herr Kaineder, warum sind Social Media-Kanäle für Ordensgemeinschaften wichtig und wie sind Ihre Erfahrungen damit?”

„Wer nicht vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke“, ist eine meiner Lebenserfahrungen in den letzten drei Jahren. Als Kommunikationschef der Linzer Diözese vom Bischof entpflichtet, mache ich mich „abseits“ des vorgesehenen Weges zu Fuß auf nach Assisi. Nach 52 Tagen erreiche ich die Friedensstadt und meinen Blog auf www.pilgern.at haben damals 2009 über 3.000 Menschen mitverfolgt. Im Frühjahr 2012 habe ich meine Füsse Richtung Wittenberg in Gang gesetzt. In Waldsassen kam ich vom Weg ab, weil mir dort der ökumenische Pilgerweg „Via Porta“ begegnet ist. So kam ich ins Kloster Volkenroda und genau während des 26-tägigen Gehens oder Pilgerns ist die Entscheidung gefallen, dass ich in Wien das Medienbüro der Ordensgemeinschaften Österreich aufbauen und leiten werde. Wäre ich nicht vom Weg abgekommen, so wäre ich nicht dort, sondern irgendwo „auf der Strecke“. Ich mag Überraschungen, bin von Grund auf neugierig und - so sagen viele - kommunikationsstark. Das heißt für mich in Anbetracht der neuen Kommunikationsmöglichkeiten: „No fear.“ Wo Dialog und Meinungs- bzw. Ideenaustausch möglich ist, dort bin ich dabei.

Genau diese Erfahrung habe ich ins „Büro Freyung“ der Ordensgemeinschaften Österreich mitgenommen. Ordensgemeinschaften stellen einen wesentlichen und eigenständigen Teil der Katholischen Kirche dar. Sie tragen Seelsorge und soziale Einrichtungen, unterhalten Schulen und Kindergärten, betreiben Krankenhäuser und halten kulturelles Erbe lebendig. In Österreich gibt es 120 Frauenorden, ihnen gehören 4.200 Ordensfrauen an. In den 85 Männerorden leben 1.950 Ordensmänner. Und jetzt das Entscheidende, warum die „Social Media Welt“ so passend ist für die Kommunikation der Ordensgemeinschaften. Sie sind synodal verfasst, sie wählen ihre VerantwortungsträgerInnen. Das Leben in Gemeinschaft und die Ausrichtung an den Ordensgelübden macht seit jeher frei, als Antwort auf gesellschaftliche und kirchliche Entwicklungen Neues auszuprobieren und Spuren in die Zukunft zu legen.

Meine These: Mit dem Web 2.0 hat das Zweite Vatikanische Konzil erst das entsprechendes Werkzeug gefunden. Die Entdeckung des Gewissens jedes einzelnen als oberste Instanz und die damit verbundene persönliche Verantwortung für mein Tun in jeder Situation ist auch Basis für die positive Nutzung des Web 2.0. Wer mit Verantwortungslosigkeit in diesem Raum agiert, entwickelt die “teuflischen Seiten” dieses digitalen Dialograumes mit. Insofern ist der Wunsch, das Web 2.0 für das Evangelium und die Sache Jesu “auf Teufel komm raus” zu nutzen, ein berechtigter. Wo verantwortungsvoll, nachhaltig und mit empathischer Solidarität im Web 2.0 agiert wird, hat das Evangelum eine große Chance.

Die Ordensgemeinschaften sind vielfältig. Sie haben das Bewusstsein, dass es auf jede und auf jeden ankommt. Es gibt analoge Begegnungsräume, die in Ergänzung oder umgekehrt genutzt werden können. Ängstlichkeit war nie das Markenzeichen der Ordensleute. Sie leben sehr oft unmittelbar mit den Jugendlichen (Schulen, Jugendintiativen) zusammen und spüren, wie es ihnen geht. Das befähigt sie in besonderer Weise über  die Freuden und Hoffnungen, Sorgen und Ängste auch in diesen virtuellen Räumen zu erzählen und diese ins Gespräch zu bringen. Dabei geht es nicht um Werbung, sondern um Unterhaltung und Gespräch. Es ist nicht die Kanzel, die sie hier finden, sondern der Wirtshaustisch, auf dem schwere Themen bis hin zu Belanglosigkeiten besprochen werden. Für das Medienbüro nutzen wir die Social Media Kanäle in Richtung Journalisten (Twitter), zur internen „leichten und informellen“ Vernetzung (Facebook) und zur Dokumentation (Website, Youtube, Soundcloud, Google+).

In allem spüren wir, dass wir auf dem Weg sind. Und wenn etwas nicht so gelingt wie geplant, sind wir auch nicht gleich aus dem Häuschen. Wenn wir da und dort vom Weg abkommen, erfasst uns nicht Ängstlichkeit sondern Neugierde, was uns der bisher unbekannte Weg sagen und zeigen kann.  Wenn wir nur Bekanntes und Gewohntes tun, wird sich der Weg in die Zukunft schwer finden lassen. Er liegt nämlich nicht immer am Weg.

 

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